Mit Werken von Soufiane Ababri, Leigh Bowery, Katherine Bradford, Julia Bünnagel, Hans Diernberger & Will Saunders, Jochen Flinzer, Félix González-Torres, Harry Hachmeister, Keith Haring, Peter Hujar, Oliver Husain, Verena Issel, Sabrina Jung, Barish Karademir & Walter Schütze, Zora Kreuzer, Navot Miller, Mrzyk & Moriceau, Andreas Oehlert, Jens Pecho, Martin Pfeifle, Claus Richter, Chloe Sherman, Cindy Sherman, Otakar Skala, Andy Warhol, Thilo Westermann und Tobias Zielony.
Wörtlich übersetzt heißt „queer“ so viel wie „schräg“ oder „seltsam“. Im englischen Sprachraum galt der Begriff lange Zeit als abwertende Bezeichnung für Menschen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität und/oder sexuellen Orientierung nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen. Doch seit den 1990er-Jahren erlebte der Begriff einen Aneignungs- und Umdeutungsprozess durch die Community. Sowohl als positive Selbstbezeichnung wie auch im Kontext eines wissenschaftlichen und politischen Aktivismus steht „queer“ heute selbstbewusst für alle, die sich nicht der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft zugehörig fühlen.
Queere Kunst und Künstler*innen gibt es wohl seitdem der Mensch sich künstlerisch äußert. Queere Theorie und Kunstgeschichte sind hingegen relativ neue Disziplinen. Der feministischen Kunstgeschichte ähnlich beginnen Wissenschaftler*innen in den 1970er- und 1980er-Jahren, den klassischen Kunstkanon neu zu betrachten. Publikationen über Künstler wie Donatello, Verrocchio, Leonardo da Vinci oder Michelangelo berücksichtigen bei der Werkanalyse nun auch deren Homosexualität.
Parallel vollzieht sich auch in der bildenden Kunst ein Wandel in der Sichtweise: Damals feierte Andy Warhol Dragqueens und trans*-Menschen wie Candy Darling, Holly Woodlawn oder Edie Sedgwick als Musen und holte sie vor die Kamera. Keith Haring nutzte in den 1980er-Jahren seine ikonische Kunst immer wieder im Kampf gegen HIV, und auch Peter Hujar fotografierte jene Menschen, deren Leben und Identitäten verleugnet und deren Leiden ignoriert wurden. Denn nach einem emanzipatorischen Aufbruch der queeren Community in den 1970er-Jahren löste die Ausbreitung des Virus eine unfassbare Krise aus. In der öffentlichen Wahrnehmung war die Infektionskrankheit eng mit männlicher Homosexualität verknüpft. Die Debatte um HIV und Aids verschärfte und generierte eine queerfeindliche Haltung, und nicht nur in den Augen vieler Kirchen und von Konservativen galt HIV als göttliche Strafe.
Heute erfährt queere Gegenwartskunst internationale Aufmerksamkeit, die auch eine neu gewonnene Sichtbarkeit von gendernonkonformen Künstler*innen und Inhalten umfasst. Die Aus-stellung Who’s Afraid Of Stardust? Positionen queerer Gegenwarts-kunst zeigt Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Videoarbeiten, Skulpturen, Performances, Raum- wie Lichtinstallationen von 30 Künstler*innen. Heterogen sind die Identitäten, Lebensmodelle und Ausdrucksweisen, die in der LGBTIQA*-Szene zusammenfinden. Variantenreich sind auch die künstlerischen Kommentare, die um Leben und Begehren jenseits der Heteronormativität kreisen, mit Geschlechterrollen und -grenzen spielen und zu einer Überprüfung begrenzter Vorstellungen von Geschlecht und Identität auffordern.